Projektberichte, Jahrbücher, Broschüren, Fachartikel – wer Öffentlichkeitsarbeit macht, schreibt längst nicht alle Texte selbst, sondern hat es oft mit Entwürfen von Fremdautoren zu tun. Aber nicht jeder Experte oder Projektleiter ist gleichzeitig Schreibprofi. Gerade im wissenschaftlichen oder technischen Umfeld ist meist geschicktes Redigieren gefragt.
Wie werden aus trockenen, komplizierten Skripten gut lesbare Fachtexte, ohne dass der Inhalt leidet und die Handschrift der Autoren verloren geht? 10 Praxistipps für den PR-Redaktionsalltag:
1. Kernaussage prüfen
Autoren, die tief in ihrem Thema stecken, fällt es oft schwer, die Leser an der richtigen Stelle abzuholen. Prüfen Sie beim ersten Lesen: Was ist die Kernaussage des Textes? Ist die Argumentation schlüssig? Fehlen Fakten, die wichtig sind, um den Zusammenhang zu verstehen? Praxistipp: Wenn es Ihnen gelingt, problemlos einen Vorspann zu schreiben, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, bitten Sie den Autor, Ihnen den Sachverhalt noch einmal mündlich zu erklären.
2. Den Nutzen herausstellen
Sich durch lange Fachartikel zu beißen, kostet Zeit und Aufmerksamkeit – die investiert niemand gern umsonst. Schon im ersten Textabschnitt muss klar werden, warum sich der Aufwand lohnt. Welchen Nutzen hat der Leser? Was ist das Neue, Herausragende, Besondere? Praxistipp: Auch hier gilt, stimmen Sie sich im Zweifelsfall mit dem Autoren ab, bevor Sie den Text umstricken.
3. Texte sinnvoll gliedern
Nichts wirkt auf Leser abschreckender als endlose Bleiwüsten. Markieren Sie Sinneinheiten, die durch Absätze getrennt oder mit Zwischenüberschriften versehen werden können. So lässt sich auch der inhaltliche Aufbau besser überblicken. Praxistipp: Wenn es das Layout zulässt, koppeln Sie Informationen, die sich als Infokasten, Grafik oder Listen darstellen lassen, aus dem Fließtext aus.
4. Komplexität anpassen
Richtet sich der Text an interessierte Laien? Dann heißt es, Komplexität reduzieren, Fachsprache vermeiden, Zusammenhänge erklären. Sind die Leser Experten auf dem Gebiet, kommt es eher auf Details und Hintergründe an. Praxistipp: Abkürzungen und Fachbegriffe sind erlaubt, sollten aber immer erklärt werden, wenn sie zum ersten Mal verwendet werden.
5. Zum Lesen verführen
Fachartikel werden in der Regel von Menschen gelesen, die sich für den Gegenstand interessieren, entsprechend niedrig ist die Lesehürde. Trotzdem lassen sich auch Fachleute gerne neugierig machen. Praxistipp: Es muss nicht unbedingt ein nüchterner W-Fragen-Vorspann sein. Beginnen Sie mit einem Zitat, einem szenischen Einstieg oder einem überraschenden Vergleich.
6. Texten Leben einhauchen
Fachtexte müssen nicht stauben: Beispiele, bildhafte Beschreibungen und Zitate lockern auf. Meist genügen schon ein paar sprachliche Kniffe, um Texte lebendiger zu gestalten: Lösen Sie Passivkonstruktionen auf, lassen Sie Menschen handeln und sprechen. Ersetzen Sie sperrigen Nominalstil durch Sätze mit dynamischen Verben und lösen Sie Partizipialketten auf. Praxistipp: Aber Vorsicht vor schiefen Bildern und abgedroschenen Phrasen!
7. Satzbau entschlacken
Manche Fachautoren neigen dazu, mehrere Gedanken in einen Satz zu pressen. Sie formulieren verschachtelte Satzungetüme, die sich über ganze Absätze erstrecken. Einfache Regel: Weg mit den Schachteln! Zerlegen Sie die Sätze in überschaubare Hauptsatz-Nebensatz-Konstruktionen und verschieben Sie langatmige Einschübe ans Satzende. Achten Sie darauf, dass Verbstamm und Vorsilbe nicht zu weit auseinanderrücken. Praxistipp: Lesen Sie den Text laut vor, wenn Ihnen mitten im Satz die Luft ausgeht, müssen Sie nacharbeiten.
8. Wortungeheuer vertreiben
Kurze Wörter sind leichter verständlich, in Fachsprachen wimmelt es aber leider oft von Bandwurfbegriffen. Umso wichtiger, dass Sie dort kürzen, wo es ohne Abstriche möglich ist, zum Beispiel bei überflüssigen Vorsilben oder Endungen. Praxistipp: Bindestriche können mehrsilbige Zusammensetzungen entschärfen und lesbarer machen.
9. Handschrift behutsam glätten
Auch Journalisten erfinden ihre Sprache nicht ständig neu: Vor allem unter Zeitdruck verwenden Sie Lieblingswörter, ähnliche Wendungen oder charakteristische Füllwörter. Das gehört zur eigenen Handschrift. Ungeübte Schreiber klammern sich aber häufig geradezu an bewährte Bausteine. Halten Sie nach Wiederholungen in Textstruktur und Wortwahl Ausschau. Variieren Sie, wenn das Muster aufdringlich wirkt. Praxistipp: Mit dem kostenlosen Textanalyse-Tool des Portals Presseanzeiger.de lassen sich Wortwiederholungen leicht aufspüren.
10. Ballast abwerfen
Jeder Text lässt sich kürzen. Bevor Sie an die inhaltliche Substanz gehen, reduzieren Sie typische Füllwörter (irgendwie, eigentlich, bereits, schon, vielfach, auch etc.) und Floskeln (man könnte sagen, meines Erachtens, es ist nicht verwunderlich, dass etc.). Auch nichtssagende Adjektive sind unnötiger Ballast. Praxistipp: Aber achten Sie darauf, dass Sie den Rhythmus des Textes nicht zerstören – Fachtexte im Stakkatostil sind anstrengend zu lesen.
Wie gehen Sie beim Redigieren von Fachtexten vor?